Die Luft wird dünner – und frischer – oder: das Lerndilemma
Manche Menschen verfallen ihm: dem Tango. Andere tanzen ihn einfach als Freizeitbeschäftigung. Und es ist, wie bei vielen Dingen die man lernt: es „kostet“ Zeit, Geld und vieles andere.
Wieso vieles andere?
Diejenigen, die sich auf den Weg machen diesen Tanz zu ergründen, können dies in sehr unterschiedlicher Art und Weise tun. Doch das Ergebnis ist oft das Gleiche.
Es fängt an mit der Idee: ich lerne, um besser tanzen zu können, um mehr Spaß zu haben, dafür dass andere gerne mit mir tanzen, um einfach schöne Tänze zu haben – naja, und vielleicht andere Ideen über die ich vielleicht ein anderes mal philosophieren werde.
Diese Menschen fangen oft an zu reisen, erst in andere Schulen, dann in andere Städte, vielleicht auch in andere Länder. Es geht zu anderen Lehrern, sie nehmen teil an Workshops, nehmen vielleicht auch Einzelstunden.
Eine Konsequenz ist, dass sie ihren Tanz verändern. Sie werden differenzierter, sie haben sozusagen mehr Vokabular und eine feinere oder variablere Ausdrucksweise und vielleicht können sie auch innerhalb des Tanzes neue Welten erleben und selbst gestalten.
Doch irgendwann trifft sie die Erkenntnis: dieser Tanz wird nicht alleine getanzt. Nein, es ist ein Tanz mit anderen Menschen. Und es soll ein Dialog sein, sozusagen ein philosophischer Austausch auf körperlicher Ebene. Etwas, das wie eine eigene Sprache ist. Und die Frage die sie sich stellen ist: wer versteht diese Sprache, die ich in so mühevoller Kleinarbeit gelernt habe? Sind es diejenigen, die ich auf der Milonga treffe da wo ich schon immer hingehe, mit denen ich angefangen habe? Vielleicht sind diese nicht gereist und sich selbst genug. Sie haben andere Ideen ihre Freizeit zu verbringen. Sie verstehen vielleicht die Feinheiten dieser Sprache auf eine andere Art.
Mit wem ist es möglich diesen Austausch zu pflegen? Möchte ich beim Tanzen – im übertragenen Sinne – die ganze Zeit nur über das Wetter reden? Wenn ich in anderen Städten, Ländern, auf anderen Milongas, mit anderen Tanzpartnern die Vielfalt kennengelernt habe wird mir das nicht mehr reichen. Daher: mit zunehmendem „Fortschritt“ (ein zugegebenermaßen schwieriges Thema, da das jeder anders interpretiert, vielleicht ein weiterer Blog :)) ist die volle Tiefe des Tanzes für viele in diesem Stadium nur mit immer weniger Menschen möglich. Natürlich ist das Thema „Wetter“ oft quasi mit jedem Menschen „tanzbar“ – egal, welcher Hintergrund vorhanden ist. Doch die Sehnsucht nach richtig erfüllenden Tänzen wird je größer, desto mehr ein Mensch diese schon erfahren durfte.
Und was kommt dann? Ist es so, dass der volle Genuss vielleicht mit immer weniger Tanzpartnern erfahren werden kann? Warum sollte ich mich auf ein Spiel einlassen das immer schwieriger wird?
Das Schöne am Tango ist: ich kann mit jedem Menschen immer weiter forschen. Die einzige Voraussetzung ist Offenheit auf beiden Seiten. Offenheit gegenüber einem neuen Gespräch. Aufmerksamkeit. Dann wird es immer die Möglichkeit geben auch mit den Menschen die vielleicht andere Wege gegangen sind erfüllende Tänze zu haben. Sowohl mit Anfängern als auch mit Menschen die schon jahrelang tanzen. Doch die Offenheit und Aufmerksamkeit ist die Grundvoraussetzung.
Sei also vorsichtig ob Du Dich auf dieses Spiel einlässt, und bleibe offen gegenüber neuen Ideen und aufmerksam … 😀